Rezensionen

Die Kamera als Instrument einer Obsession: Selbstbildnis in einem New Yorker Auslagenfenster

Die Fotografin Vivian Maier:
Sie hortete Filmrollen und Berge von Zeitungen

Und dann nahm ihr Verhalten zwanghafte Züge an: Ann Marks folgt den spärlichen biographischen Spuren der Fotografin Vivian Maier.

Mechtilde Lichnowsky

Über den Fachmann:
Dieser Besserwisser ersetzt das Urteil durch Herrschsucht

Dürfen es noch ein paar ungefragte Ratschläge sein? Mechtilde Lichnowskys Texte zum Typus des Fachmanns erscheinen in einer neuen Ausgabe.
Von spanischen Eroberern zur Arbeit gezwungene Indigene bei der Verarbeitung von Zuckerrohr, aus der „Historia Novis Orbis“ von Theodor de Bry, 1595

Globalgeschichte des Zuckers:
Eine Verirrung des Ernährungssystems

Diesem Flächenverbrauch steht kein wirklicher Nutzen gegenüber: Ulbe Bosma schreibt eine lesenswerte Globalgeschichte des Zuckers.
Man sieht immer noch, dass es Träume sind: Auch im Museum kann sich die Gewalt des revolutionären Moments mitteilen, wenn Eugène Delacroix den Pinsel führte. Die Ölskizze von Mirabeaus Antwort auf den königlichen Zeremonienmeister Dreux-Brezé malte er 1830, im Jahr der folgenden Revolution.

Robert Darnton:
Ganz Paris träumt von der Krise

Wirklich, ein toller Schlager! Robert Darntons Buch über den revolutionären Stimmungsumschwung im halben Jahrhundert vor 1789 zieht eine Summe seiner Forschungen.
Der Schriftzug „Hackerspace“ leuchtet am Stand des Vereins Binary Kitchen e.V. beim 35. Chaos Communication Congress 2018 in Leipzig

Chaos Computer Club:
Autoritäten ist zu misstrauen

Auskünfte eines Rabaukenvereins: Der Chaos Computer Club reflektiert netzpolitische und soziale Entwicklungen in der Bundesrepublik.
Eventuell rücksichtsvoller, als man lange angenommen hatte: Ein neugieriger Buckelwal schwimmt auf die Kamera zu.

Tierkommunikation:
Ein Google-Translate für Wale?

Wenn Meeresrobotik, Biologie, Linguistik und KI gemeinsame Sache machen: Tom Mustill zeigt, wie die Erforschung der Tierkommunikation voranschreitet.
„Er betrachtete mich aus seinen runden blauen Augen“, lesen wir bei Koneffke: Joseph Roth, fotografiert Anfang der Dreißigerjahre.

Joseph Roth als Romanheld:
Sperrangelweit offene Sehnsucht

Jan Koneffke imaginiert in seinem Roman „Im Schatten zweier Sommer“ eine Liebesaffäre des Schriftstellers Joseph Roth.

Miranda July in den Räumen ihrer Ausstellung im Osservatorio der Fondazione Prada in Mailand

Miranda Julys neuer Roman:
Ein queerer Porno vor kalifornisch coolen Kulissen

Drei, zwei, eins, und ab geht es: In ihrem Roman „Auf allen vieren“ erzählt die US-Künstlerin Miranda July von einer Frau Mitte Vierzig. Und versteht „Wechseljahre“ als existenzielle Metapher.
Der Wortdreck ist nicht zu stoppen: eine Seite aus Luz’ Comicadaption von Albert Cohens Buch.

Albert Cohens Meisterwerk:
Diese schwache messianische Kraft

Albert Cohens autobiographisches Buch „Ô vous, frères humains“ erscheint endlich auf Deutsch. Was bedeutet es für unser Verständnis von Antisemitismus?
Bisher bekannt aus dem Fernsehen unter Namen wie Marlies Heidel oder Frau Dingens: Kirstin Warnke

Kirstin Warnkes Romandebüt:
Ein Mädchen namens Rolf

Unordnung und frühes Leid: Kirstin Warnke wagt mit ihrem Romandebüt „Sei nicht so“ den Sprung aus dem Entertainment in die ernsthafte Schriftstellerei. Und der Sprung gelingt.
Wohin das Kind am Morgen verschwindet, erfahren die Leser nicht: Illustration Sabine Rufeners aus dem Bilderbuch „Das Nachtkind“.

Bilderbuch „Das Nachtkind“:
Die Einsamkeit endet an der Katzenklappe

Mystische Idylle: In „Das Nachtkind“ erzählen Armin Kaster und Sabine Rufener eine Sehnsuchtsgeschichte im Mondlicht.
Die Familie Bohm am Strand von Amrum, um 1950, vorn Hark

Hark Bohms Debütroman „Amrum“:
Eine deutsche Insel am Ende des Kriegs

„Amrum“ heißt der erste Roman des Filmemachers Hark Bohm. Er erzählt die dramatische Geschichte einer Kindheit, die vielleicht seine eigene ist. Wie es zu diesem Buch kam, ist auch eine Geschichte für sich.

Geld und Politik:
Es korrumpiert und zivilisiert

Von den Alten Griechen über Marx und Habermas bis hin zur Bundesbank: Stefan Eich legt eine politische Ideengeschichte des Geldes vor.
1905 war das Jahr der schlimmsten Pogrome im Russischen Reich, Szene aus einem Schtetl

Jiddische Literatur:
Ohne zu schreiben, bin ich kein Mensch mehr

Die neue Ausgabe eines Klassikers nicht nur der jiddischen Literatur: „Von meinen Besitztümern“ sammelt Erzählungen von Pinkhes Kahanovitsh, der sich Der Nister nannte.
Man kann auch auf eine Weise miteinander spielen, die das Spiel verdirbt.

Bilderbuch von Jörg Mühle:
Dann würde das Kind eben einen Saustall machen

Ausgerechnet, wenn es am schönsten ist, muss der Dachs leider gehen: In „Morgen bestimme ich!“, seinem neuen Bilderbuch mit Bär und Wiesel, zeigt Jörg Mühle, dass sich der Dritte nicht zwangsläufig freut, wenn zwei sich streiten.
Historische Motive aufgreifen, um sie leicht zu verändern: Friedrich Seidenstücker fotografierte diese Zebras in den Dreißigerjahren; im Roman macht die fiktive Protagonistin Ella ein ganz ähnliches Bild.

Roman „Zebras im Schnee“:
Auf der Suche nach der verlorenen Generation

Ein Roman über die Zeit des großen Aufbruchs: In „Zebras im Schnee“ schildert Florian Wacker das Schicksal zweier Künstlerfreundinnen im Frankfurt der Zwanzigerjahre.
Genderaktivismus auf einem Mannheimer Straßenschild

Diversity-Begriffe:
Willkommen im endo-cis-sexistischen System

Bloß weg mit den Hater*innen: Ein Wörterbuch zum Thema „Vielfalt“ möchte mit Diversity-Begriffen bekanntmachen. Doch den Autoren geht es oft vor allem um Identitätspolitik.
Lakota Sioux im Sommer 1890 in South Dakota mit US-Soldaten: Wenige Monate später starben mindestens 150 von ihnen gemeinsam mit ihrem Anführer Miniconjou (Big Foot) beim Massaker von Wounded Knee.

Geschichte Amerikas:
Um die Black Hills dreht sich die Welt

Gegendarstellung zur kolonialen Unterwerfung der Neuen Welt: Pekka Hämäläinen schreibt eine lange Geschichte indigener Macht.
Hannah Oppolzer schrieb mit dreiundzwanzig Jahren ihren Debütroman „Verpasst“.

Roman von Hannah Oppolzer:
Das Bauchgefühl kann verletzen

In ihrem Debütroman erzählt Hannah Oppolzer empathisch von einer verkorksten Mutter-Tochter-Beziehung.
Die englische Schriftstellerin Tessa Hadley

Romanrezension Tessa Hadley:
Verrückte Liebe am vertrauten Ort

Tessa Hadley lässt in „Das Jahr der Veränderungen“ drei Generationen in walisische Gefühlswirren geraten.
So gelangt CO2 in die Atmosphäre, aber wie kriegt man es dort wieder raus?

„Climate Engineering“:
Die Erderwärmung lässt sich halt perfekt für politische Zwecke kapern

Und am Ende geht’s doch nur um Kapitalismuskritik: Annette Schlemm unterzieht die Verfahren des „Climate Engineering“ einer kritischen Prüfung.
Hier wird also gerade Gustav Richters Walzer „Zwei Herzen und doch eins“ intoniert: Damenkapelle in einem Prater-Etablissement, 1905

Wiener Prater:
Unter Liebespaaren, Flaneuren und Taschendieben

Der Wiener Prater war ein Ort des Vergnügens, der sozialen Durchmischung und der Lockerung des Geschlechterverhältnisses. Susana Zapke und Wolfgang Fichna erkunden diesen Raum anhand der Lieder, die über ihn gesungen wurden.
Erbittert streiten die Erben um zwei Hütten im norwegischen Nationalpark Hvaler.

Rezension „Ein falsches Wort“:
Vier Geschwister, zwei Sommerhäuser, ein Testament

Geld als Gradmesser für emotionale Zuwendung: Vigdis Hjorth entfachte mit ihrem Roman eine Familienfehde und eine Literaturdebatte. Dabei ist „Ein falsches Wort“ vor allem toll grimmige Literatur.
Wollte Filme für das große Publikum drehen: Das Verausgabungsgenie Rainer Werner Fassbinder, hier mit Hanna Schygulla im Jahr 1970

Rainer Werner Fassbinder:
Hat es ihm im Grunde an Phantasie gemangelt?

Ein Regisseur als „missing link“ zwischen den Epochen: Der britische Musikjournalist Ian Penman nähert sich Rainer Werner Fassbinder in Notaten.
Der Fluss Göksü in der Türkei: In Şehnaz Dosts Debütroman vermengt sich die Vergangenheit in einem türkischen Dorf mit der Berliner Gegenwart.

Debüt von Şehnaz Dost:
Unruhige Seelen

Im Debütroman von Şehnaz Dost ringt ein Berliner Grundschullehrer mit seiner Vergangenheit: Er wuchs elternlos in der Türkei auf, während seine Mutter und sein Vater in Deutschland arbeiteten.
Ins nächste Jahr fiel die Begegnung mit Walter Gropius: Alma Mahler, fotografiert 1909 von Madame d’Ora (Dora Kallmus)

Alma und Anna Mahler:
Männer lassen sich gut sammeln

Ein Band präsentiert den Briefwechsel zwischen Alma Mahler und ihrem Geliebten und späteren zweiten Ehemann Walter Gropius. Gabriele Reiterer folgt dem Lebensweg von Anna Mahler, Almas Tochter aus ihrer ersten Ehe mit Gustav Mahler.
Gabriele Tergit, aufgenommen 1977 beim Besuch der Berliner Festwochen

Rezension Tergit-Biographie:
Ihre geistige Heimat war der Humanismus

In Deutschland kam sie nicht wieder an: Nicole Hennebergs Biographie der Schriftstellerin Gabriele Tergit.
Von der Liebe zu seiner Frau handelt ein Teil des Buches „Knife“: Salman Rushdie mit der Autorin Eliza Griffiths auf der Frankfurter Buchmesse 2023

Salman Rushdies Memoir „Knife“:
Vom Witzemachen in der Not

Selbsttherapie durch freie Assoziation: In seinem am Dienstag weltweit erscheinenden Memoir „Knife“ verarbeitet Salman Rushdie den lebensgefährlichen Messerangriff auf ihn. Eine Lese-Erfahrung, die man nicht vergessen wird.
Die deutsch-iranische  Journalistin Gilda Sahebi

Deutsche Rassismus-Debatte:
Mein Name ist Ausländer

In ihrem Buch „Wie wir uns Rassismus beibringen“ analysiert Gilda Sahebi deutsche Debatten. Und schlägt weder einen moralisierenden noch selbstgerechten Ton an.
Klassiker zu Lebzeiten und das nicht nur in der Pléiade: Julien Green

Romanrezension „Treibgut“:
Paris verändert sich, seine Melancholie nicht

Mann von irgendwo, Reisender und Fremdling auf Erden: Julien Green war ein Solitär der französischen Literatur. Nun hat Wolfgang Matz seinen Roman „Treibgut“ neu übersetzt.
Cartier-Schmuckstück: Der Sunrise Rubin- und Diamantring mit einem Gewicht von 25,59 Karat aus dem Nachlass der österreichischen Milliardärin Heidi Horten

Über die Cartiers:
Gefragt war Schmuck, der zu einem Prinzen passt

Von Diamanten für Elizabeth Taylor und Kundenkarten für die Affären: Francesca Cartier-Brickell schildert, wie das Familienunternehmen Cartier zum Schmuckimperium wurde.
Universalistisch, kosmopolitisch – die Vereinten Nationen und ihr Hauptquartier am New Yorker East River.

Neues Buch von Seyla Benhabib:
Eine Welt ohne Konflikte ist gar nicht das Ziel

Weltweit beschwören Demagogen den Kosmopolitismus als Erzfeind: „Globalisten“ oder „Neoliberale“ würden nationale Kulturen ihrer Geschichte berauben und Flüchtlings-NGOs unterstützen. Die Politologin Seyla Benhabib verteidigt die Idee jetzt gegen ihre Verächter.